Vorträge

Freitag

Anke Wiemer

Die Hebamme der Zukunft – ein Blick zurück und nach vorne

Die aktuellen Herausforderungen sind zahlreich: Mit welchen Tätigkeitsfeldern können Hebammen zukünftig ihr Einkommen sichern? Wie kann die Versorgung von Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen gewährleistet werden? Welche Veränderungen wird die Ausbildung von Hebammen auf Hochschulniveau bringen? Und welchen Einfluss werden QM und neue Leitlinien auf das Berufsbild der Hebamme haben? Anke Wiemer wird einen Blick zurück und nach vorne wagen: Aus welchen Erfahrungen der letzten 60 Jahre können Hebammen schöpfen, um die Zukunft der Geburtshilfe im Sinne der Frauen, der Familien, aber auch der Hebammen positiv mitgestalten zu können? Wie können neue Ansätze, wie der Expertinnen-Standard zur vaginalen Geburt, den Alltag in den Kliniken beeinflussen? Neue Ideen und ein offenes Denken sind gefordert.

Sandra Lindner | Susanne Sydow

Mutmachbeispiel 1: Belegsystem - zur Zufriedenheit von Familien und Hebammen

Beleggeburten und Freiberuflichkeit – ohne Dauerrufbereitschaft, aber mit geregeltem Urlaub, freien Wochenenden, einer gesicherten Existenz und einer hebammengeleiteten Geburtshilfe, die das Team glücklich macht. Ein Traum? Die Fundus-Hebammengemeinschaft in Hamburg kooperiert seit 2001 mit dem Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE), 150 Geburten sind es im Jahr, die das Team in einem Pool-System abrechnet. Ein früher Kontakt mit den Frauen ab der achten Woche, eine gezielte Vorbereitung und eine 1:1-Betreuung während der Geburt gehören zum Konzept. Ein System, von dem sowohl die Familien als auch die Hebammen profitieren. Klare Strukturen, der kollegiale Austausch und die gute Zusammenarbeit mit den Ärzten stärken das Team. Und die Frauen gehen – während der Schwangerschaft gut vorbereitet – selbstbewusst in die Geburt. Die Zahlen sprechen für sich.

Prof. Dr. Christiane Schwarz

Neues Modell auch für Deutschland? Schwangerenvorsorge in der Gruppe

Die Schwangerenvorsorge, die Frauen heute in Deutschland erleben, basiert eher auf Tradition und gutem Willen als auf wissenschaftlicher Begründung – das gilt gleichermaßen für gynäkologische wie auch für Hebammenpraxen. Tatsächlich weiß niemand genau, welche Untersuchungen wann und wie oft bei wem durchgeführt werden müssten, um den Schwangerschaftsverlauf und das Ergebnis besser zu machen, als Mutter Natur es gemacht hätte. Es stellt sich daher die dringende Frage: Wovon profitieren schwangere Frauen und ihre Kinder wirklich? Ein Blick über die Grenzen zeigt: Es gibt Ideen, die in Deutschland noch keine Beachtung gefunden habe, wie z.B. die Schwangerenvorsorge in der Gruppe. Dieses Modell setzt neben der Beratung und medizinischen Screenings auch auf die sozialen Ressourcen der Frauen. Wäre so etwas auch in Deutschland möglich?

Prof. Dr. Ingrid Mühlhauser

Gut informiert: Screenings in der Schwangerschaft

Frauen werden heute in den neun Monaten ihrer Schwangerschaft mit zahlreichen Screenings konfrontiert – Tendenz steigend. Um sie im Rahmen der Schwangerenvorsorge angemessen beraten zu können, ist es notwendig, die Grundprinzipien von Screenings zu verstehen. Nur auf der Grundlage wissenschaftlich gesicherter Informationen können Frauen entscheiden, welche Screenings sie in Anspruch nehmen möchten. Hebammen sollten sie darin bestärken, ihre Entscheidung in Ruhe und ohne Druck zu treffen. Denn längst nicht alle Maßnahmen sind unschädlich für Mutter und Kind. Für das Screening auf Gestationsdiabetes z.B. fehlt der wissenschaftliche Nachweis für das Überwiegen des Nutzens. Prof. Dr. Ingrid Mühlhauser erklärt in ihrem Vortrag am Beispiel Gestationsdiabetes die Kriterien zur Beurteilung von Screeningmaßnahmen und bewertet sie anhand der aktuellen Studienlage.

Franziska Maurer

"Krankheit" Fehlgeburt? Die Hebammen sind gefragt

Obwohl es ein ureigenes Feld der Hebammen ist, Frauen während eines Fehlgeburtsgeschehens zu begleiten, fehlt vielen Frauen heutzutage genau diese Unterstützung. In vielen Krankenhäusern fehlt sogar ein geschützter und angemessener Ort, an dem die Frau die „kleine Geburt“ erleben kann. Beschleunigendes Verhalten, schnelle Entscheidungen und Curettage prägen das Erleben vieler Frauen. Und auch für Hebammen sind Fehlgeburten mitunter ein Bereich, dem sie eher ausweichen, da Zeit und Raum für eine angemessene Betreuung, aber auch die Erfahrung fehlen. Franziska Maurer möchte dafür sensibilisieren, sich der Physiologie des Geschehens zu widmen und sich der Hebammenkunst bewusst zu werden, um Frauen in ihrem Erleben und ihren Entscheidungen stärken zu können. Es ist grundlegend wichtig, die jeweilige Situation richtig zu erfassen und einzuschätzen, um adäquat handeln zu können.

Tara Franke

Zauber des Anfangs: die Latenzphase

Die Latenzphase, die im englischsprachigen Raum als erste Hälfte der Eröffnungsphase längst etabliert ist, wird in Deutschland erst allmählich als eigenständige Phase wahrgenommen und diskutiert. Ein guter Blick auf diese Phase, die sich durch einige Besonderheiten auszeichnet, ist wichtig und erfordert Konsequenzen in der Betreuung: Insbesondere die begründete Annahme, dass in der Latenzphase Pausen sowie langsame Verläufe physiologisch sind und Dystokien in diesem Zeitraum nicht existieren, machen ein Umdenken notwendig. Tara Franke setzt sich in ihrem Vortrag damit auseinander, was im Körper der Frau in dieser Phase passiert und was Frauen in diesem Geburtsabschnitt brauchen – und wie Hebammen und ärztliche GeburtshelferInnen Frauen in der Latenzphase adäquat betreuen können.

Denise Wendler

Mutmachbeispiel 2: Es geht! Kaiserschnittrate bei 18 %

Die Sectiorate des Marienhospitals in Düsseldorf liegt in den letzten fünf Jahren konstant zwischen 14 und 18 %. Wie das gelingt? Bei einer Geburtenzahl von 1.000 Geburten pro Jahr und einem Team aus engagierten Hebammen kann das Team die Frauen meist in einer 1:1-Betreuung begleiten. „So wenig wie möglich, so viel wie nötig“ ist der Leitsatz, den das gesamte Team beherzt. Die freie Wahl der Gebärhaltungen sowie die selbst gewählte Bewegung sind sowohl für die Hebammen als auch für das ärztliche Team gelebter Alltag. Denise Wendler blickt auf ein erfolgreiches Konzept, bei dem auch das stabile Team und die enge interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Hebammen und Ärzten eine große Rolle spielt.

Samstag

Prof. Dr. Rainhild Schäfers

Wird sich was verändern? Die S3-Leitlinie zur vaginalen Geburt

Es gibt kaum etwas, was in der Geburtshilfe so kontrovers diskutiert wird, wie der Sinn von Leitlinien. Dem einen sind sie eine wichtige Orientierungshilfe, dem anderen ein Greul und der Dritte fühlt sich durch sie einfach entlastet, weil er sich durch das Befolgen der Leitlinien rechtlich abgesichert wähnt. Leitlinien bieten grundsätzlich die Chance, dass ein bislang wenig beachtetes Ereignis in den Mittelpunkt rutscht. Ein Ereignis wie die vaginale Geburt. Und sie bieten damit die Chance auf Veränderung, da wo bisher medizinische Traditionen von Generation zu Generation weitergegeben werden. Eine Möglichkeit, die auch Hebammen ergreifen können, indem sie Ideen für neue Themen einbringen und an der Entwicklung von Leitlinien mitwirken. Welche Veränderungen Leitlinien bewirken könnten, beleuchtet Rainhild Schäfers in ihrem Vortrag.

Katja Steinert

Mutmachbeispiel 3: Keine Lust mehr auf die Arbeit? Der Hebammenkreißsaal als Therapie

Müde, ausgepowert und keine Besserung in Sicht. So gestaltete sich der Arbeitsplatz vor fünf Jahren für das Team am Hochwaldkrankenhaus in Bad Nauheim. Ein altes, überarbeitetes Team, viele Krankmeldungen, viele Überstunden. Die Frauen wurden zur Nebensache. Nach dem Motto „Love it, change it or leave it“ haben sich einige Hebammen des Kreißsaalteams mit voller Unterstützung des Chefarztes und der jetzigen geburtshilflichen Oberärztin für die Veränderung entschieden: Die Implementierung des Hebammenkreißsaales war die Therapie, die das Team wieder gesund gemacht hat. Der Prozess war nicht einfach. Aber es hat sich gelohnt! Ein Mutmachbeispiel über den Weg eines „ganz normalen“ Kreißsaal-Teams zum Hebammenkreißsaal. Katja Steinert berichtet, was dem Team auf dem Weg geholfen hat, was wirklich schwierig war, was sich verändert hat und wie es dem Team heute geht.

Prof. Dr. med. Klaus Vetter

Steht eine Trendwende in der Perinatalmedizin an?

Seit Saling 1967 das Kind in den Vordergrund ärztlicher Bemühungen gestellt hat – mit Beatmung des Neugeborenen, Amnioskopie und MBU – hat sich vieles in den Aufgaben von Hebammen und Ärzten verändert. Die Weiterentwicklung wird gerne als Kontinuum gesehen. Dazu zählen u.a. das CTG, der multidimensionale Ultraschall, Dopplersonographie, Lungenreifeinduktion, Prognosescores, z.B. für Präeklampsie und Zervixoperationen, sowie Hormongaben zur Verhinderung von Frühgeburten und nicht zuletzt eine explosionsartige Entwicklung der Humangenetik. Nur die Geburt selbst scheint davon unberührt geblieben zu sein, obwohl Dilatationsmaßnahmen und Gleitgele auch hier Bewegung hätten bringen sollen. Fluch oder Segen? In einer Bestandsaufnahme wird Klaus Vetter die Mosaiksteine zu einem aktuellen Bild zusammenfügen.

Evelyn Lesta

Hebammenkunst zwischen Leitlinien, Leitbildern und Holzrohr

Die Anforderungen an Hebammen im Arbeitsalltag bedeuten oftmals einen Spagat zwischen Routine, evidenzbasierter Medizin, Patientenwünschen und -rechten sowie eigenen Ansprüchen. Gleichzeitig verändert sich das Wissen, auf das Hebammen sich im Alltag beziehen, und auch das Arbeitsumfeld wandelt sich immer schneller. Evelyn Lesta beschäftigt sich mit der Frage, ob und wie Hebammen wissenschaftliche Erkenntnisse über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit bestimmter Interventionen besser für die Arbeit nutzen können. Und ob es dabei möglich ist, die Frauen und gleichzeitig die eigene Arbeitszufriedenheit in den Vordergrund der Arbeit zu rücken. Hintergründe, praktische Beispiele und Erfahrungen aus einer Londoner Klinik sollen zum Denken anregen, wie das gelingen kann – und wie sich Hebammenkunst aktiv und mutig gestalten lässt.

Romy Hartmann | Hannah Saalmüller

Die Stimme der Frauen: Zurück zur guten Hoffnung

Auf der Suche nach einem großen Stück „Natürlichkeit“ und Vertrauen in den eigenen Körper traf Hannah Saalmüller während ihrer zweiten Schwangerschaft auf eine Hebamme, die ihr genau dieses geben konnte. Allein das Gefühl, von der vergangenen Geburt berichten zu können und verstanden zu werden, war ein heilsamer Prozess. Mit der anschließenden intensiven Hebammenbegleitung in den letzten Wochen der Schwangerschaft kam das Vertrauen in den Körper zurück und damit die Überzeugung, dass eine natürliche Geburt real werden kann. Zusammen berichten Hannah Saalmüller und die Hebamme Romy Hartmann, wie dieser Weg möglich war, was als unterstützend und hilfreich empfunden wurde – und was es braucht, um eine solche Begleitung sowohl in einer Klinik als auch als freiberufliche Hebamme anbieten zu können.

Daniela Erdmann

Wochenbettbetreuung: Zeit für neue Konzepte?

Die zunehmende Gründung von Wochenbettpraxen und Wochenbettambulanzen steht im Spannungsfeld zwischen der aufsuchenden Wochenbettbetreuung als Alleinstellungsmerkmal der freiberuflich arbeitenden Hebamme und der Suche nach neuen innovativen Konzepten zur flächendeckenden Versorgung von Wöchnerinnen. Handelt es sich hierbei um eine Verwaltung und Etablierung des Mangels oder um neue Wege, die den Bedürfnissen der Frauen gerecht werden können? Dieser Frage stellt sich Daniela Erdmann vor dem Hintergrund unterschiedlicher politischer Zielsetzungen – und macht sich Gedanken zu neuen Wegen, die sowohl die Wünsche der Frauen im Blick haben, als auch die Vor- und Nachteile für die Frauen und auch für die Hebammen berücksichtigen. Dabei lohnt sich auch der Blick in die Vergangenheit und in andere Länder.

Heidi Bernard

Mutmachbeispiel 4: Eine tragende Idee: die Wochenbettambulanz

Die Suche nach einer Wochenbetthebamme ist für Frauen immer häufiger erfolglos. Gleichzeitig sind die Hebammen frustriert, weil sie täglich Betreuungsanfragen ablehnen müssen. Die Folge: Frauen sitzen mit Stillproblemen und Fragen zum Kind in den Arztpraxen. Fünf Kölner Hebammen wollten nicht warten, bis politische Lösungen gefunden werden und haben ein gemeinsames Konzept erarbeitet: Die Eltern kommen seit August 2016 mit ihrem Baby in ihre an eine Elternschule angebundene Hebammensprechstunde. Damit dies möglich wurde, mussten Rahmenbedingungen geschaffen, Strukturen gefunden und neue Arbeitsweisen entwickelt werden. Ein Jahr später ist die Hebammenambulanz etabliert. Wie das Konzept funktioniert, welche Erfahrungen bisher vorliegen und wie eine Weiterentwicklung aussehen kann, davon berichtet Heidi Bernard.